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Interview mit einem Schüler

Interview mit einem Schüler: Marvin L.

  1. Wie alt bist Du und wie lange bist Du schon im Gong Fu unterwegs?Ich bin 36 Jahre alt und habe im Sommer 2006 mit Gong Fu begonnen. Also nun seit 14 Jahre dabei.
  1. Was hat Dich damals dazu bewogen, mit Gong Fu anzufangen? Wie kamst Du zur Zhen Wu? 
    Ich fand Kampfkunst schon immer interessant. Die klassischen Filme, wie auch der Wunsch sich verteidigen zu können waren da sicher prägend. Lange fand ich den verbreiteten Kampfsport irgendwie zu „leistungsorientiert“. Ich war nie der Anhänger von Wettkampfsport, wo es um Punkte, Tore und Zeiten ging… 
    Kung Fu hingegen erschein mir die perfekte Kombination, um Körper und Geist zu trainieren und vor allem den eigenen Charakter bzw. Weg zu entdecken. Nachdem ich dann schließlich „Kung Fu und Osnabrück“ googelte bin ich auf die Schule von Jochen Wolfgram Shifu gestoßen, damals noch „Bailung“. Kurze Zeit später bin ich dann zum ersten Probetraining gegangen…
  1. Wo liegt im Training Dein Fokus? Was trainierst Du zur Zeit am intensivsten?
    Zurzeit liegt mein Fokus vor allem beim Vertiefen den Basics bzw. den Grundtechniken im Tong Bei. Gerade wenn man durch Job und Familie nicht mehr die Zeit hat alle Hand- und Waffenformen zu üben und auch nicht mehr am wöchentlichen Training teilnehmen kann, scheint das gerade für mich gut zu funktionieren. So konzentriere ich mich auf einige Grundtechniken, hoffe sie zu verbessern und auch (sollte mal wieder mehr Zeit da sein) auf Formen, Anwendungen usw. übertragen zu können. Da greife ich mir dann nach Belieben Techniken aus den 12 Tong Bei Bahnen oder auch aus der Pao Chui Handform heraus. Außerdem übe ich momentan wieder mehr Miao Dao.
  1. Was hat Dich dazu bewogen in der Zhen Wu zu bleiben?
    Grundsätzlich ist es die offene und motivierende Lernatmosphäre durch den Lehrer sowie die Kung Fu Geschwister im Verein. Einen Sifu, der sich selbst trotz des hohen Niveaus stets als Lernenden sieht und den Dialog und Austausch zu internationalen Lehren sucht, bildet dabei die Grundlage. Im Vordergrund in der Zhen Wu steht das gemeinsame Lernen, frei von Dogmen und Zwängen. So haben sich über die Jahre auch viele Freundschaften entwickelt. Schließlich hat man auch das Gefühl nie auszulernen und immer Neues im Kung Fu entdecken zu können. 
  1. Gab es einen besonderen Moment in Deinem „Gong Fu Leben“ an den Du immer wieder zurück denken magst?
    Puh, einen bestimmten zu nennen fällt mir schwer. Sicher sind es die vielen besonderen Momente, wenn man zurückschaut. Da sind die internationalen Trainingscamps, die beeindruckenden Seminare mit Mike und Zhang Laoshi, aber auch die von Jochen organisierten Klosterwochen, in denen man sozusagen als Kung Fu Familie im Verein zusammen trainierte, kochte und lebte zu nennen.
    Für mich persönlich ist noch mein Auslandssemester in Beijing 2013 sehr präsent. Neben dem Studium hatte ich das Glück dort am regulären Tong Bei Unterricht von Zhang Laoshi teilnehmen zu dürfen. Das war eine sehr intensive Zeit in der ich mich voll und ganz aufs Kung Fu konzentrieren konnte. Den Höhepunkt bildete dabei die Einladung am chinesischen Qingming Feiertag an der Gedenk-Zeremonie des Tong Bei Großmeisters Dong Xiusheng teilzunehmen zu dürfen. Zu Ehren des Lehrers von Zhang Fushun war dabei sozusagen die ganze Wu Xing Tongbei Familie anwesend. Nach dem anschließenden gemeinsamen Essen im Restaurant mussten alle Schüler eine Kleinigkeit vorführen. Ich war natürlich tierisch nervös, habe es aber irgendwie geschafft. 
    Die Offenheit, Freundlichkeit sowie Begeisterung für das Kung Fu hat mich bei diesem Treffen sehr beeindruckt. So viele Lehrer auf höchstem Niveau treffen zu können war schon eine besondere Ehre.
  1. Wie meinst Du, hast Du es geschafft, ein „Fortgeschrittener“ Schüler zu werden? 
    Höchstwahrscheinlich ist das Wichtigste dabei zu bleiben. Gerade in Lebensabschnitten in denen man mal weniger Zeit für das Training hat als man sich wünscht oder, wenn man das Gefühl hat nicht weiter zu kommen ist es wichtig am Ball zu bleiben. Talent spielt glaube ich weniger eine Rolle als einfach Kontinuität. Außerdem ist es wichtig den richtigen Lehrer zu finden der einen fördert und fordert.
  1. Was sind Deine Ziele für die Zukunft? 
    Ich würde gerne wieder regelmäßiger am regulären Training in Osnabrück teilnehmen. Das war leider in den letzten Jahren nicht möglich. Außerdem wäre es schön, wenn es wieder die Gelegenheit für Trainingscamps geben würde. Beim Training würde ich den Schwerpunkt auf das Vertiefen und Verbessern von schon Erlerntem legen. Formen und Techniken neu interpretieren und dass was man in Grundtechniken vielleicht schon umsetzen kann in Anwendungen und Formen integrieren.  Außerdem würde ich auch gerne wieder mehr Partnertraining machen. Das kommt im Moment einfach zu kurz. Auf lange Sicht heißt es dann: weiter vertiefen und mal über den „Tellerrand“ schauen, was so im Kung Fu gemacht wird.
  1. Gibt es Dinge die Du in der Zhen Wu vermisst?
    Wenn ich mal wieder die Zeit dafür hätte, regelmäßiges Sparring/Kampftraining im Verein sowie Waffensparring fände ich interessant.
  1. Was würdest Du einem Anfänger in der Zhen Wu gerne mit auf den Weg geben?
    Nutzt die Zeit! Geht zu möglichst jedem Training und lasst es zu einem regelmäßigen Ritual werden. Versucht auch privat etwas zu trainieren und zu wiederholen. Sucht euch dabei einzelne Techniken raus und setzt Schwerpunkte. Täglich zwanzig Minuten sind da besser als einmal die Woche drei Stunden…
    Nehmt Kritik an und vertraut eurem Lehrer. Besucht Seminare nehmt und wenn möglich auch an den Zhen Wu Trainingscamps teil. Oft geben diese Events nochmal extra Input und Motivation. Vor allem lernt ihr Gleichgesinnte kennen, könnt von anderen Lehrern lernen und neue Stile ausprobieren. Alles wichtige Erfahrungen auf eurem Weg. Mittlerweile gib es ja auch die Möglichkeit mal ein Seminar in Berlin bzw. Osnabrück zu besuchen. Schaut in der Partnerschule vorbei, knüpft Kontakte und tauscht euch aus.
    Klingt vielleicht alles banal, aber gerade wenn man weniger Zeit hat, merkt man, wie wichtig diese Erfragungen sind. Einerseits weil man schon eine Basis hat auf die man wiederaufbauen kann, andererseits gilt es ständig den Horizont zu erweitern. Versäumte Trainings und Seminare lassen sich einfach nicht nachholen. 

Kung Fu zu erlernen dauert lange, naja eigentlich endet es ja nie. Vielleicht ist gerade das ja auch das Besondere, denn es lohnt sich!

Dieser Beitrag hat einen Kommentar

  1. Stephan Panning

    Hi Marvin, danke für das beeindruckende Interview. Habe ich gerne gelesen, war inspirierend.

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