Interview mit einem Schüler: Silke K.
Im Folgenden gibt ein fortgeschrittener Schüler der Zhen Wu einen Einblick in seinen „Gong Fu Lebenslauf“.
- Wie alt bist Du und wie lange bist Du schon im Gong Fu unterwegs? Ich bin 35 und trainiere seit 13 Jahren, mit einigen Unterbrechungen.
- Was hat Dich damals dazu bewogen, mit Gong Fu anzufangen? Wie kamst Du zur Zhen Wu?
Bevor ich mit dem Training angefangen habe, kannte ich Kung Fu nur aus Filmen, und dort sah es cool aus, also wollte ich es lernen. Ich habe aber schnell verstanden, dass Film-Kung Fu und echtes Kung Fu zwei unterschiedliche Paar Schuhe sind. Die Zhen Wu habe ich gefunden, weil das damals ganz banal der erste Google-Eintrag war, wenn man nach „Kung Fu Osnabrück“ gesucht hat.
- Wo liegt im Training Dein Fokus? Was trainierst Du zur Zeit am intensivsten?
Da ich beruflich viel sitze, tut mir vor allem der körperliche Ausgleich gut. Anders als bei vielen anderen Sportarten werden beim Kung Fu alle Muskelgruppen beansprucht, aber nicht überlastet. Dieser gesundheitliche Aspekt ist für mich wichtig. Dann tut es mir auch einfach gut, um Anspannung loszuwerden.
Weil mir mit zwei kleinen Kindern zuhause nicht so viel Zeit bleibt, trainiere ich momentan vor allem die wichtigen Basics, insbesondere die aus dem Tong Bei.
- Was hat Dich dazu bewogen in der Zhen Wu zu bleiben?
In den Anfangsjahren vor allem die Freundschaften zu anderen Kung Fu SchülerInnen. Später zusätzlich die Einsicht, dass die Qualität des unterrichteten Kung Fus sehr gut ist, und durch die Nähe zu den chinesischen Lehrern immer weiter verbessert wird. Viele Lehrer hören auf zu lernen, wenn sie ein gewisses Level erreicht haben, und konzentrieren sich nur noch auf das Lehren. Jochen Laoshi hat schon oft gesagt, dass er sich selbst auch als Schüler ansieht und weiterlernen will, auch wenn er schon eine gewisse Stufe erreicht hat. Er hat sich immer wieder neue Lehrer gesucht und sich immer wieder neue Inhalte erarbeitet. Diese Einstellung hat mich beeindruckt. Kung Fu ist ein „Fass ohne Boden“ – man kann immer noch besser werden und man trifft auch immer jemand, der viel mehr kann als man selbst.
- Gab es einen besonderen Moment in Deinem „Gong Fu Leben“ an den Du immer wieder zurück denken magst?
2011 hatte ich die Gelegenheit, für einige Monate mit Zhang Laoshi in Beijing zu trainieren. Jedes Wochenende hat er uns alle zu sich eingeladen und seine Frau hat für die anderen Schüler und mich ein echtes Festmahl gekocht, während wir draußen geübt haben. Das war wirklich toll.
- Wie meinst Du, hast Du es geschafft, ein „Fortgeschrittener“ Schüler zu werden?
Regelmäßiges Training und viele Wiederholungen. Dadurch haben sich gewisse Bewegungsmuster eingeschliffen. Durch die Erfahrung weiß ich inzwischen auch besser, worauf es bei den Techniken wirklich ankommt.
- Was sind Deine Ziele für die Zukunft?
Ganz aktuell sehe ich bei einigen Formen – Wu Lu, San Lu, Waffenformen – noch viel Luft nach oben. Da kommt definitiv noch Arbeit auf mich zu. Ich hoffe auch, dass ich in absehbarer Zukunft einmal wieder in China oder Taiwan trainieren kann – das inspiriert zusätzlich. Langfristig würde ich auch selbst gerne unterrichten. Frauen haben naturgemäß nicht so viel Kraft wie die meisten Männer und müssen deshalb andere Schwerpunkte setzen. Es wäre eine spannende Aufgabe, diese herauszuarbeiten und weiterzugeben.
- Gibt es Dinge die Du in der Zhen Wu vermisst?
Wenn ich so darüber nachdenke, bin ich ganz glücklich mit der derzeitigen Situation im Verein. Ich habe definitiv auch schon schlechtere Zeiten erlebt.
- Was würdest Du einem Anfänger in der Zhen Wu gerne mit auf den Weg geben?
Kung Fu heißt harte, kontinuierliche Arbeit. Es gibt Leute, die bringen mehr Bewegungstalent mit, denen fällt vieles leichter. Lasst euch nicht entmutigen, wenn ihr nicht zu diesen Bewegungstalenten gehört! Meiner Erfahrung nach sind es oft diejenigen, die es nachher im Kung Fu zu etwas bringen, die sich am Anfang am meisten gequält haben. Die Bereitschaft, zu beobachten, zu lernen, sich durchzubeißen und sich immer weiterzuentwickeln ist ab einer gewissen Stufe wichtiger als anfängliches Talent.