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Vier Wochen Beijing – ein Zwischenbericht von Marvin L.

So, nun bin ich also schon vier Wochen in Beijing. Die Zeit verging bisher irgendwie schnell und langsam zugleich, aber ich fang am besten vorne an.

Nachdem ich also am 1. März aus Berlin abgeflogen bin, kam ich nach ca. neuneinhalb Stunden am Samstag in Beijing an. Im Flugzeug konnte ich schon ersten Chinaeindrücke sammeln, da ich wohl der einzige nicht Muttersprachler war.

Mit dem Taxi ging es dann bequem in einer Stunde  zur Uni, obwohl ich dem Fahrer ein wenig bei der Suche helfen musste. Tatsächlich war das für meine Anmeldung zuständige Gebäude auch relativ schnell gefunden, doch ab da wurde es auch schon interessant. Nicht nur das meine Zimmerreservierung unauffindbar war, es war auch erst kein Alternativzimmer zu haben. So sollte ich mal erst bis Montag abwarten und man fand schließlich noch ein freies Bett in einem Doppelzimmer für mich, das allerding schon von mehreren Koreanern bewohnt wurde. Reichlich verwirrt und nach kurzer Klärung, dass mir bis Montag in diesem Raum ein Bett zustand, besuchte mich auch schon Stefan um mir ein wenig die Gegend zu zeigen und mir unzählige Fragen zu beantworten. Bei einem ersten chinesischen Abendessen und ziemlich Reizüberflutet tat es sehr gut ein wenig auf Deutsch zu plaudern und ein paar wichtige Infos zu bekommen. An dieser Stelle noch einmal Dank an Stefan für das herzliche Willkommen heißen.

Pünktlich am Montag um acht versammelten sich dann einige ausländische Studenten mit ähnlichen Zimmerproblemen  vor dem Verwaltungsgebäude der Uni. Dabei lernte ich auch meinen jetzigen Mitbewohner Li aus Südkorea kennen. Als wir feststellten, dass es wohl nur noch ein freies Doppelzimmer gab, einigten wir uns schnell auf eine Wohngemeinschaft bis bessere Wohnraumzeiten aufkommen würden und sprinteten die 800 Meter zurück zum Wohnheim (es gab ja nur noch ein Zimmer und mehrere Interessenten). Kurz gesagt, wir gewannen das Rennen und ein Dach überm Kopf war erst mal sicher.

Gleich im Anschluss begann auch schon der Sprach Einstufungstest. Nicht völlig unwissend aber auch nicht grade fortgeschritten, darf ich nun eine der mittleren Sprachstufen der Uni besuchen. Das bedeutet jeden Tag vier Stunden Unterricht, unterteilt in Schreiben, Hörverständnis und Sprechen und dazu kommen dann wohl noch so 2-3 Stunden Hausarbeiten jeden Tag. Naja, ist an der Stelle schon von Nachteil wenn man bisher nur Langzeichen gelernt hat, hier nun aber nur Kurzzeichen verwendet werden. Aber die Umstellung geht recht schnell. Komplizierter wird es da schon mit dem Sprechen und Verstehen selbst. Während man ja schon einiges an der Uni gelesen und geschrieben hat, fällt einem als erstes auf, dass man bisher viel zu wenig gesprochen hat. Man muss einfach immer zulange nachdenken und versteht auch die ersten Tage einfach nix. Das ist schon anfangs etwas deprimierend. Nach vier Wochen  verbessert sich in der Hinsicht zwar schon einiges, aber es bleibt ausbaufähig.

Ein neben der Sprache für mich nicht unerheblicher Punkt hier in China ist natürlich auch das Kung Fu Training. Gleich am ersten Montag machte ich mich nach Einbruch der Dunkelheit auf, zum am Vortag schon mit Stefan besuchten Ort. Für mich ist seine Lage perfekt, da es von meinem Wohnheim wirklich nur ein paar Querstraßen, sprich zehn Minuten zu Fuß sind.

Am Trainingsplatz angekommen, wurde ich herzlich von Zhang Laoshi begrüßt und den anderen Schülern vorgestellt. Die Trainingsatmosphäre ist wirklich schön und für mich war nach diesen organisatorisch recht aufregenden Tagen das Training hier am vertrautesten. Mit den ersten Rou Jians kam endlich mal wieder ein bisschen Routine in meinen Alltag. Strukturiert ist das Training folgendermaßen:
Zu Beginn des Trainings machen alle zusammen verschiedene Tong Bei Basisübungen, die den meisten auch vom Training in Osnabrück vertraut sein dürften. Danach werden Techniken freier kombiniert, als Bahnen geübt oder man trainiert eine Waffe. Dabei trainiert manchmal jeder für sich eine Technik die er grade besonders vertiefen möchte und bekommt dabei immer individuelle Korrekturen und Anregungen von Zhang Laoshi, oder Laoshi gibt eine bestimmte Übung vor, die dann alle zusammen üben. Am Ende werden dann gerne noch Anwendung diskutiert und ausprobiert und ganz schnell sind auch schon zwei Stunden um. Ich genieße jedes Training und probier mir immer möglichst viel zu merken. Es ist immer wieder interessant, wie selbst Übungen die man schon tausend Mal gemacht hat, nach kleinen Korrekturen zu einem Aha-Effekt führen.  Neben dem regulären Montags- und Donnerstag Training treffe ich mich noch mit Stefan nach Absprache zum gemeinsamen Training. So ist die Woche schon immer gut durch Training und Sprachkurs ausgefüllt.

Neben Sprachkurs und Kung Fu hab ich mich auch schon mit ein paar anderen ausländischen und chinesischen Studenten angefreundet. Es ist schon lustig, wenn man mal abends bei einem Bier mit zehn verschiedenen Nationalitäten an einem Tisch sitzt und sich alle super verstehen. Bei einem Trip durch die Stadt konnte ich mir auch schon eine günstige Akustik Gitarre zulegen und hab auch schon ein paar andere Musiker kennengelernt. Mal sehen ob ich hier noch eine Band auf die Beine stelle.

Auch hab ich die chinesische Mauer nun schon das zweite Mal besucht, bin gespannt wie oft ich da dieses Jahr noch hinkomme. Allerding macht einem hier hin und wieder die Smogbelastung einen Strich durch die Rechnung, wenn man Lust auf Sightseeing hat.  Die Luftverschmutzung ist hier schon manchmal recht hoch ist (übertrifft manchmal die Messskala). Schon komisch, oft ist hier tollstes Wetter, blauer Himmel und Sonnenschein, am nächsten Tag ist der Himmel grau und es heißt dann von einigen Studenten „Heute ist es aber bewölkt!“ 

Naja, hoffe das ändert sich bald mit dem Ende der Heizperiode. Ansonsten freu ich mich hier auf den Frühling. Es ist hier grad auch noch manchmal recht kalt, wobei es Mittwoch schon bis zu 20 Grad werden sollen. Außerdem hoffe ich, dass sich mein Chinesisch so schnell verbessert wie das Deutsch meines chinesischen  Sprachpartners.  Ist schon verrückt wie gut der nach zwei Jahren Deutsch lernen ist.

Soweit von mir erst mal, an dieser Stelle. Hoffe ihr seid in Deutschland auch grad alle schön fleißig und das ich viele von euch hier im Trainingscamp wiedersehe.

Zai jian,

Marvin

Jochen Wolfgramm

Jochen Wolfgramm Geboren am 25. Mai 1965, studierte erst in Münster Philosophie, Sinologie und Germanistik, beendete 1998 seine Ausbildung zum Physiotherapeuten (Sportphysiotherapeut seit 2000) und arbeitet seitdem in diesem Beruf. Seit 1989 betreibt er Gong Fu. Erst Qi Xing Tang Lang und Taiji Quan, jetzt Babu Tang Lang, Tong Bei Quan und Taiji Quan.

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