Peer in Prag – Teil 2


Moin,
hier ein paar Eindrücke aus dieser Woche…


Schläge, Tritte, Würfe und Hebel (Ti, Da, Shuai, Na) seien das Fundament einer jeden Kampfkunst und können unterschiedlich gewichtet sein, so Kim Laoshi. Beispielsweise liegt der Schwerpunkt des Tong Bei Quan klar bei den Fauststößen, jedoch darf für ein komplettes System für den Kampf keiner dieser vier Teile fehlen.

Die ersten Tage fingen damit an, dass Kim Laoshi sich ein Bild von meinen bisher gelernten Basics und Formen aus dem Tong Bei machen wollte und somit grasten wir in der ersten Zeit viele verschiedene Dinge ab. 


Dies änderte sich aber relativ schnell, als der Überblick vorhanden war und wir trainieren jetzt jeden Tag nach den vier wichtigen Basics (Rou Jian, Shun Bei, Dan Shou und Diao Dai) Ti, in Form von: Quan Shou, Pi Zhang, Pi Shan, Pai Zhang, Yao Shan, Chuan, Xuan und ab und zu noch Zai und Zhong Quan mit vielen Variationen und Schritten.

Somit liegt auch der Fokus des aktuellen Trainings bei den Fauststößen bzw. Handtechniken und verschiedene Dinge wie zum Beispiel die Schrittarbeit wird mit eingebaut.
Sobald dieses tägliche Curriculum mit von Tag zu Tag stark variierender Zeit beendet ist, wird das Training noch durch einen anderen Bereich ergänzt, wie zum Beispiel Shuai, die Würfe.
Gerade die Würfe machen mir momentan ziemlich viel Spaß. Wir trainieren meistens auf einer schön gelegenen Rasenfläche und auch öfters abends, wenn noch andere Schüler dabei sind und man wirklich verschieden gewichtete Trainingspartner zur Verfügung hat. 
Jeder Teil (Ti, Da, Shuai, Na) den Kim Laoshi mir vermittelt wird wirklich von den ersten Basics an aufgegriffen – somit habe ich jetzt schon allein 4 Basics um die Beine für das Wurftraining zu konditionieren. Das Gleiche gilt natürlich auch für die Tritte, jedoch haben wir die Tritte bisher noch relativ vernachlässigt und nur an einem Tag vergangener Woche die ersten drei Fußtritte des Tong Bei angerissen und die Hebel bisher fast gänzlich vernachlässigt – naja eher vernachlässigt sie wirklich zu trainieren. Denn in den zahlreichen Anwendungen baut Kim Laoshi oft Hebel mit ein und macht ständig deutlich wie Ti, Da, Shuai und Na zusammenarbeiten und in fast jeder Situation austauschbar sind. 
Zusätzlich diene ich momentan auch ab und zu als Kims lang ersehnter „Dummy“, um wirklich viele Variationen und Möglichkeiten der einzelnen Techniken durchzuspielen. Auch, oder gerade daraus, nur der Dummy zu sein, kann man echt eine Menge Erfahrung gewinnen und lernen, selbst wenn es nicht immer angenehm ist 😉

Die Schrittarbeit leistet außerdem noch einen wichtigen Teil für die realistische Anwendbarkeit. Kim Laoshi erzählte, dass die traditionellen Lehrer oftmals die Schrittarbeit nur ihren intelligentesten und besten Schülern vermittelt haben, denn ohne die Schrittarbeit sei der Rest im Kampf nahezu nutzlos. Somit hat die Schrittarbeit eine ziemlich große Wichtigkeit und wird im Training selten vermisst.
 Der letzte Woche geschilderte Trainingsablauf hat sich nur geringfügig geändert. 
Wir starten jetzt schon um 10, damit einfach mehr Zeit vorhanden ist um auch mal andere Orte für das Training zu nutzen. Beispielsweise sind wir Mittwoch mit dem Auto weiter raus gefahren, um an einem großen See zu trainieren. Dort konnte Kela so viel herumlaufen wie sie wollte und Kim, Rosa und ich konnten das ruhige Waldstück dafür nutzen, sich ohne Ablenkung auf das Training zu konzentrieren.
Außerdem waren wir Dienstag an einer extrem schönen Kirche zum Training, die relativ hoch, in der Mitte Prags liegt.Sonntags wird nicht zusammen trainiert, jedoch waren wir letzten Sonntag zusammen im Kino und heute ist ja Kims Geburtstag und wir gehen zusammen was Essen.

Das Qi Gong steht immernoch am Anfang jedes Trainings, jedoch ist es deutlich intensiver geworden.
Es besteht nun aus Swimming Dragon gefolgt von Zhan Zhuang und zum Abschluss kommen noch die drei Tong Bei Stellungen.

Das Training hier bringt mich glaube ich echt voran, jedoch nicht nur in den einzelnen Techniken, sondern sich mal komplett aufs GongFu einzulassen, ohne die sonstigen Dinge (außer natürlich der olle Blog 😉 im Leben. Und ich lerne vor allem eine Menge von Kim, WIE man überhaupt richtig allein außerhalb der normalen Trainingszeiten im Verein trainiert und ich hoffe, dass ich es dadurch besser schaffe das tägliche Training zu Hause in den Alltag zu integrieren, oder besser: den Alltag in das GongFu zu integrieren, so wie es eigentlich sein sollte 😛


soweit für diese Woche – Grüße aus Prag!

Jochen Wolfgramm

Jochen Wolfgramm Geboren am 25. Mai 1965, studierte erst in Münster Philosophie, Sinologie und Germanistik, beendete 1998 seine Ausbildung zum Physiotherapeuten (Sportphysiotherapeut seit 2000) und arbeitet seitdem in diesem Beruf. Seit 1989 betreibt er Gong Fu. Erst Qi Xing Tang Lang und Taiji Quan, jetzt Babu Tang Lang, Tong Bei Quan und Taiji Quan.

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