Sten, Samstag 25.August 2007


Beijing Trainingscamp

Der zweite Teil ist für mich noch intensiver gewesen als der erste. Die Gruppe ist auch noch nur etwa 14 Leute groß. Vormittags ist fuer mich Chen Taiji bei Xu Laoshi angesagt und nachmittags Tongbei bei Zhang Laoshi. Beide sind großartige Lehrer. Xu unterrichtet neben einer kurzen Form auch viele Hebel und Würfe und auch ein bisschen Pushhands. Bei Zhang geht es wie die ersten beiden Wochen weiter: Grundlagen. Lange und häufige Wiederholungen weniger Techniken. Ich finde das sehr gut, weil man nur so eine Bewegung wirklich verstehen kann oder anfangen kann sie zu verstehen.
Das morgendliche Qigong hat sich auch etwas geändert. Mike erklärt mehr und korrigiert auch, was ja vorher bei der grossen Gruppe nicht richtig möglich war. Gleich am ersten Tag des zweiten Teils hat er etwas über Yi (Intension), Qi („Energie“), und Li (Kraft) erzählt und dass es eben darum geht die drei Komponenten zusammen zu fuehren. Dies zu schaffen muss man sich eben leer machen und nicht über die Aktion reflektieren, die man gerade durchführt. Dazu muss die Aktion zum einen automatisch ablaufen können, weshalb wir eben üben. (Mike nennt das muscle memory.) Zum anderen muss sie so sein, dass nicht Muskelkraft sie lenkt, sondern eben innerer Energie. Dazu muss man entspannt sein und über ein gutes Rooting verfügen.
Das ist sehr grob zusammengefasst. Ich hatte später noch ein längeres sehr spannendes Gespräch mit Mike, bei dem es unter anderem auch darum ging, dass das Ganze über mit Worten Ausdrückbares hinausgeht. Für mich heißt das auch, dass man seine Zeit besser damit zubringt zu üben als lange zu versuchen seine Qifluesse zu besprechen – zumindest als Schüler.
Gleichzeitig bedeutet das alles auch, dass Qigong genauso wichtig ist wie Jibengong (also u.a. unsere Grundtechniken oder die Tongbei-Sachen, die Zhang uns unterrichtet oder Mikes Sachen, die zum Teil ja auch auf Youtube sind.)
Genauso ist in der Zeit hier nochmal klar geworden, dass Taiji genauso dazugehört und richtig viel bringen kann. Ganze Formen sind vielleicht weniger zentral. Soweit mein Verständnis. Das ist natürlich alles nicht neu hier aber sehr schön zu sehen.
Auch sehr spannend: Wang Laoshi (nicht Mikes Lehrer, sondern ein buddhistischer Lhama Moench) hat den einen ganzen Tag unterrichtet. Vormittags Yoga, nachmittags buddhistisches Wushu. Das Yoga war ein bisschen wie Tanzen – eine Stunde auf Zehenspitzen. Danach waren alle am Ende und wegen der androgynen Bewegungsmuster sehr skeptisch was das buddhistische Wushu angeht. Doch als er dann am Nachmittag nicht mehr ganz in weiss sondern schwarz mit dickem Schwert antrat und ein paar Techniken gezeigt hat, hatte keiner mehr Lust auf Yogawitze. Sehr beeindruckend.
So weit mein kurzer Bericht. Es gäbe unendlich viel mehr zu schreiben, z.B. dass ich mir am drittletzten Tag einen Nerv eingeklemmt habe, weshalb ich „Tongbei-verbot“ hatte, dafür aber eine dicke Tuina-Massage von Xu Laoshe bekam. Schmerzhaft aber richtig gut (er praktiziert nebenbei auch als TCM-Arzt – kostenlos!).

Viele Grüsse Sten

Jochen Wolfgramm

Jochen Wolfgramm Geboren am 25. Mai 1965, studierte erst in Münster Philosophie, Sinologie und Germanistik, beendete 1998 seine Ausbildung zum Physiotherapeuten (Sportphysiotherapeut seit 2000) und arbeitet seitdem in diesem Beruf. Seit 1989 betreibt er Gong Fu. Erst Qi Xing Tang Lang und Taiji Quan, jetzt Babu Tang Lang, Tong Bei Quan und Taiji Quan.

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